Wolfgang Welsch über Deva Wolframs Arbeit

Deva bringt die Kategorien durcheinander. Sagt man. Aber in der Natur sind die Kategorien durcheinander. Auch in der offiziellen biologischen Klassifikation sind sie immer wieder verschoben worden. Linné hat in der zehnten Auflage seines Standardwerks Systema Naturae (1758) die klassische kategoriale Grenze zwischen Mensch und Affe niedergelegt: er hat den Orang-Utan fortan als eine Menschenart klassifiziert. Und ab der zwölften Auflage (1766) ging er vom alten Theorem der Konstanz der Arten zum neuen und zukunftsweisenden ihrer Transmutation über. Die Natur folgt nicht vermeintlich gottgegebenen Arten, sondern nimmt sich die Freiheit, die Arten zu transformieren. Daher ist Deva Wolframs Interesse an Polymorphie und Hybridbildung höchst berechtigt. Sie widmet sich dem Unscheinbaren und Übersehenen. Papaver, Pippau, Gänsedistel sind einige ihrer illustren Lieblinge. Mit ihrer Forschung lockert sie unsere eingefahrenen Vorstellungen. Und bereitet sich selbst und uns großes Vergnügen. Intellektuell, weil sie uns Entdeckungen beschert; künstlerisch, weil ihre Arrangements von blühender Schönheit sind; und schließlich auch ganz praktisch: unser Kräuterrepertoire wird reicher. Wir finden uns erfreut, enthusiasmiert und beschenkt – und das in allen Registern unseres ästhetischen Sinns, des „Geschmacks“, der nicht nur mit Befreiung und Schönheit, sondern auch mit dem Gaumengenuß zu tun hat.

Wolfgang Welsch